Während der Pandemie haben viele Mädchen das Kicken für sich entdeckt. Auch der Sportclub Konstanz-Wollmatingen erlebt seither einen Boom. Spielerinnen haben uns erzählt, was sie an dem Sport so fesselt.
Ganz schön laut ist es auf dem Waldheim-Sportplatz im Lorettowald während dieser Trainingseinheit. Da wird gerufen, angefeuert und gejubelt. Alles also genauso, wie man es bei einer Stippvisite auf einem Fußballplatz erwarten würde. Der einzige Unterschied: Hier trainieren ausschließlich Mädchen und Frauen, wie ein enttäuschter Junge, der spontan zum Schnuppern vorbeischauen wollte, feststellen muss.
Mädchen bringen die Väter zum Fußball
Martin Bähr ist seit rund acht Jahren Trainer beim Mädchenfußball und erklärt lachend, dass es eigentlich seine zwei Töchter waren, die ihn dazu gebracht haben, eine Mädchenmannschaft zu trainieren: „Ich komme aus dem Volleyball, also auch einem Teamsport, aber hier beim Fußball hat man natürlich viel mehr direkten Körperkontakt“. Und, so schiebt er mit einem breiten Lächeln nach: „Das Fußballtraining ist schon auch anstrengender, intensiver und kämpferischer.“
Christian Gebhardt ist Abteilungsleiter Frauenfußball beim Sportclub Konstanz-Wollmatingen und kam drei Jahre später als sein Teamkollege als Trainer dazu. Auch er hat zwei Mädchen, die unbedingt Fußball spielen wollten. „Zu uns kommen viele Mädchen, die bis zum Alter von zirka zwölf Jahren auf dem Hof oder auch schon im Verein mit Jungs gemeinsam gespielt haben“, erklärt er: „Die sind das Anrempeln und den häufigen Körperkontakt gewohnt.“
Laut geht es zu, aber dabei fair
Überhaupt fällt auf, dass es auf dem Feld nebenan trotz der Lautstärke friedlich und fair zugeht. Das bestätigen auch die beiden Trainer: „Die Mädchen, die zu uns kommen, wollen wirklich Fußball spielen. Sie kommen regelmäßig und bei jedem Wetter zum Training und nicht nur, um ihre Energie in irgendeiner Form loswerden“, sind sich beide einig.
Bähr ergänzt: „Wir hatten auffällig viele Neuzugänge nach Corona.“ Den Grund dafür sehen sie in der Tatsache, dass in der Pandemiezeit einige mangels Hallensportmöglichkeiten wohl draußen mit den Freunden und Geschwistern gespielt und dann am Fußball Spaß bekommen haben.
Dass es noch immer nicht bei allen Menschen angekommen ist, dass Fußball auch ein prima Sport für Mädchen ist, kommt den beiden Trainern immer mal wieder zu Ohren. Bähr: „Sogar manch eine Sportlehrerin meint noch, dass Mädchen doch besser zum Ballettunterricht gehen sollten.“ Doch die sollten einmal sehen, wie konzentriert und ausdauernd die BALLerinas vom SC Konstanz-Wollmatingen zur Sache gehen. Da stört auch die immer näherkommende dicke schwarze Wolke, die einen heftigen Regenguss verspricht, niemanden.
Das Fußballspiel verbinde Mädchen aller Altersgruppen und Schularten, betonen die beiden Trainer. „Dieser Sport ist wirklich integrativ und interkulturell.“ Tatsächlich bestätigen die zwölfjährigen Fußballerinnen Inga Schmidt, Jule Albicker und Ina Zimmermann, dass sie großen Spaß am Fußballtraining haben und sich auch von niedrigen Temperaturen oder Regen- und Schneeschauern keineswegs abschrecken lassen. Alle drei schätzen besonders den Teamgeist innerhalb der Mannschaft.
Ein gemeinsames Fußballschauen mit allen Konstanzer Sportlerinnen in einem Fußballstadion fand im vergangenen Jahr statt – da war der Sportclub mit zwei Reisebussen bei einem Bundesligaspiel in Freiburg zu Gast. Daran erinnern sich vor allem die Älteren gern. Zu ihnen gehört Melanie Platthaus, 21 Jahre alt und seit zehn Jahren dabei: „Ich habe mich gleich nach dem ersten Fußballtraining in dem Sport zu Hause gefühlt und schätze ganz besonders unser Team“, so die junge Frau, die fröhlich nachschiebt: „Außerdem konnte ich nicht so gut werfen.“
In das Lachen fällt die 16-jährige Anna Gebhardt ein, denn ihr ging es mit dem Werfen ähnlich: „Ich liebe unser Team, und tatsächlich finden auch die meisten Mädchen es echt cool, dass ich Fußball spiele, während die Jungs eher überrascht sind.“
Kaja Bähr ist 15 Jahre und ergänzt: „Wir haben im Team einen starken Zusammenhalt und auch außerhalb des Trainings viel Kontakt.“ Nickend sitzt Svea Fer daneben. Die 15-Jährige hatte einige Sportarten ausprobiert, bis sie zum Fußball kam und sofort wusste: „Ja, das ist mein Sport und sowieso eigentlich immer zu empfehlen.“
Auch bei Starkregen wird weitergespielt
Trotz der ersten Regentropfen lassen es sich auch die Trainer nicht nehmen, ihre Mannschaften noch einmal zu loben: „Die Mädchen und Frauen schätzen sich sehr gut und realistisch ein mit ihren Chancen in den Spielen gegen andere Mannschaften. Sie sind voll motiviert, aber nicht zu ehrgeizig“, so die beiden.
Derweil gießt es vom Himmel wie aus Kannen. Gespielt, gerufen und angefeuert wird auf dem Platz nebenan aber weiterhin.
Ein eingespieltes Team (von links): Trainer Martin Bähr mit Tochter Kaja, Anna Gebhard, Melanie Platthaus, Svea Fer und Christian Gebhardt, Abteilungsleiter Frauenfußball beim Sportclub. | Bild: Jana Mantel
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